Donnerstag, 28. März 2013

Einheit 1 - 20.3.13 - Ausdruck I

Kurzfassung:

Themen des 20.3.2013

- Buch des Abends: Lüchinger - Intuitiv Zeichnen
- Kurze Wiederholung: Skribbeln, Sudeln, die Haltung des Zeichenstifts - was hat das mit richtigem Zeichnen zu tun?
- Vom motorischen Zeichnen (Action drawing) zur Vorstellungskraft
- Warm-Ups :
1) Übergang vom Hellen, fast leer werdenden Blatt bis hin zu schwarzen, dichten Spuren   - Beispiel aus Daucher
2)"Wilde Gewächse" ("Wachsen" als ideomotorische Figur oder Geste)
- Zeichnen nach Musik (legato, staccato, laut, leis, schnell, langsam)



Ausführlicher:

Linienqualität
Nachdem wir vergangenen Mittwoch relativ spontan und unbefangen erste Warmups zeichneten, die uns eine Begegnung mit unserem jeweils persönlichen Strich brachten, kreiste die zweite Stunde um die Untersuchung unseres Ausdrucks.

Der in der Welt der Zeichnung gebräuchliche Begriff für die mit der Persönlichkeit des Zeichners verbundene Qualität der Linie ist DUKTUS.

Ein Vergleich mit unserer tief sitzenden Gewöhnung an einen ausgeglichenen und geradezu gleichförmigen Schreib-duktus führte klar vor, dass diese für die Sprachkommunikation sinnvolle Haltung geradezu ein Hindernis beim Zeichnen darstellt. 
Also ist nicht nur die Schreibhaltung des Werkzeugs, sondern auch die überaus kontrollierte und gleichförmige Art und Weise der Linienproduktion für das Zeichnen ungeeignet.

Es gibt in der Zeichenkunst überraschenderweise keine verbindliche Sprache über die Linienqualität. Der von Zeichenlehrern oft geäußerte Hinweis, beim Zeichnen doch bitte die Linienstärken und den damit verbundenen Druck der Hand bzw. des Instruments zu variieren, macht den Anfänger oft ratlos: Worin sollen denn diese Unterschiede im Strich begründet sein? Wann und warum soll man das denn tun? Ist das nicht oft beliebig und dem Augenblick, dem Zufall, der Stimmung unterworfen? Oder gibt es dafür Regeln?


Berechtigte Fragen, die sich im Prinzip nur der Zeichnende selbst beantworten kann. Da es wie gesagt für die Zeichner keine verbindliche Sprache dafür gibt, machte ich den Versuch, einen Übertrag aus der Musik zu wagen. In der notierten Musik gibt es für den Interpreten Hinweise auf die Ausführung und den Ausdruck der jeweiligen Passage eines Musikstückes. In der musikalischen Ausführung ist hier der Kern der künstlerischen Interpretation, denn die Anweisungen lassen immer Spielraum der Deutung.

Ähnliches könnte man nun auf die gezeichnete Linie übertragen:
Stellt euch vor, der Zeichenstift sei ein Instrument, die ausgeführte Spur der Ton.
Der Ausdruck einer Spur, eines Tones wäre dann aus den folgenden Elementen gebildet:

1) ARTIKULATION = Art der Ausführung, die Art des Ansatzes:
Von STACCATO (abgehackt, unverbunden, abgesetzt) <----> bis LEGATO (fliessend)

2) TEMPO = Geschwindigkeit der Ausführung:
Von LARGHISSIMO (sehr breit, behäbig) <----> bis PRESTISSIMO (sehr schnell)

3) DYNAMIK = Stärke oder Kraft der Ausführung:
Von piano pianissimo (ppp, sehr zart) <----> bis forte fortissimo (fff, sehr kräftig)

Spielt bitte in künftigen Warmups einfach alle Möglichkeiten und Kombinationen der Strichbildung durch, zum Beispiel:

- Sehr schnell ausgeführte, abgehackte, aber zart gesetzte Striche - und umgekehrt.
- Lang fliessende, ruhig ausgeführte kräftige Spuren - und umgekehrt.
- Sehr kräftige, behäbig aber abgehackt gesetzte Spuren - und umgekehrt.

Zwischen den genannten Extrempolen liegen viele Nuancen des Ausdrucks. Es sind unerschöpflich viele Kombinationen der genannten Elemente möglich.


Ziel der Übung insgesamt:
Euch soll zunehmend auffallen, dass ihr mit einem einzigen Werkzeug wie z.B. dem Grafitstift viele Möglichkeiten des Ausdrucks habt. Je bewusster man diese Elemente der Spurbildung einsetzt, desto lebendiger und individueller werden eure Zeichnungen, gleichgültig, ob man nun abstrakt oder gegenständlich arbeitet.

Achtet einmal ganz bewusst beim Betrachten von Arbeiten anderer Zeichner, wie diese ihren Strich setzen: 
Van Goghs geschwind und dynamisch gesetzte Rohrfederspuren, Daumiers lebendig-nervös und flirrend unbestimmt gesetzte Reuelinien, Ingres zuweilen bestimmt und klar geführte Grenzlinien, Klimts zärtlich fliessende Linie. Ignoriert dabei einmal, WAS gezeichnet wird, sondern beobachtet nur das WIE.











Allgemeines zu den WARMUPS:

 Ich beobachte, dass ihr euch alle sehr grosse Mühe gebt, kunstgemäss zu arbeiten, was bei den Übungen grossartig ist. Bei den Warmups aber lege ich grossen Wert darauf, dass ihr diese so locker wie möglich machen könnt und frei und ungezwungen, ohne gestalterische Auflage, einfach drauflos zeichnet. Ja, OK, bis auf den Kompositionsrahmen, auf den lege ich immer Wert...
Vermeidet also beim Warmzeichnen alles, was euch hemmen will oder lange überlegen lässt. Das Warmup ist nicht das Endspiel. Die nachfolgenden Übungen sind nur "Freundschaftsspiele", hierbei gibt es nichts zu perfektionieren ;-)....

2 Warmups des Abends:
Zur Einstimmung haben wir  2 grossformatige "Sudeleien" gezeichnet, in der ihr die Aufgaben hattet:

- Vom Hellen ausgehend mit allen Arten von Strichen, Bögen, Geraden, Krummen ins Dunkle zu zeichnen, sodass sich am Ende alles wirklich rabenschwarz an einem Rand ballt. Beispiel in Daucher.
- Eine Interpretation des "Wildwuchses", in der sich Linien wie Pflanzen vom dicht gepackten Grund ins Helle strecken, mal direkt, mal auf Umwegen, mal kräftig, mal zart, mal gebrochen, krakelig usw.
Auf keinen Fall sollten diese Liniengebilde an wirkliche Pflanzen, Blätter, Stämme erinnern, alles sollte nur aus der reinen Linie und ihrem Ausdruck (Druck steckt da schon im Wort, so nebenbei...) entstehen.

Übungen des Abends:
Wir haben die folgenden Übungen am Abend mit Hilfe einfacher, minimalistischer Musikstücke und ohne jede theoretische Voreinstellung gemacht. Die Erklärung folgt hier im Text und nach Ostern, wenn noch Unklarheiten da sein sollten.
Wenn ihr das Folgende zu Hause üben wollt, legt euch bitte entsprechende Musik dazu auf, notfalls aber kann man Musik auch nur denken.


 1) STACCATO

Zeichnet auf dem abgegrenzten, viereckigen Spielfeld eines möglichst grossen Blattes alle möglichen abgehackten, abgesetzten Spuren, mal zart, mal kräftig. Immer wieder an- und absetzend, sodass euch ein gewisser Puls oder Rhythmus auffällt, auch in Bewegungen, die euch eigentlich gar nicht liegen.

Wechselt das Tempo, die Kraft, auch die Richtung und Grösse der Spur darf sich ändern. Denkt an ein staccato vorgetragenes Musikstück und zeichnet direkt, was ihr hört. Oder legt euch zu Hause Musik auf und zeichnet dazu, auch mit geschlossenen Augen. Singt oder summt euer Bild.









2) LEGATO

Die gleiche Spielanordnung wie oben, dieses Mal allerdings mit fliessenden Spuren.



3) Staccato und Legato





Übung des Abends:  Staccato, legato, laut und leise, schnell und langsam

Leider vergass ich in meiner Begeisterung über die tollen Ergebnisse, Fotos von euren Arbeiten zu machen. Ich habe hier Beispiele aus vorangegangenen Kursen eingesetzt, die ich gerne durch eure ersetzen will. Wenn ihr also eine Möglichkeit habt, eure Ergebnisse zu fotografieren oder zu scannen, bitte schickt mir die Fotos an folgende mailadresse:

Hausaufgabe:

Zeichnet weiterhin alle Möglichkeiten des Ausdrucks zwischen Staccato und Legato, so zart und kräftig wie möglich, mal schnell, mal bedächtig.
Zeichnet auch einmal mit geschlossenen Augen zu eurem Lieblingsstück, experimentiert mit fremden Musikstücken in unterschiedlichen Tempi und anderem Ausdruck.
Schaut, welche Palette an Spuren ein einziges Werkzeug hergibt, indem ihr den Stift in allen erdenklichen Haltungen und mit unterschiedlichem Druck verwendet.

Ruhig auch öfter mal ein ganz systematisches Blatt, auf dem ihr nebeneinander gestellt festhaltet, was ihr entdeckt habt:



Für diejenigen, die Musik nicht mögen (gibt es das??) , lassen sich alle Übungen auch auf Geräusche und Klänge des Alltags übertragen:
Zeichnet eine belebte Strasse - nur den Höreindruck allerdings, nicht die konkreten Dinge!
Oder stellt euch einen Wald vor bzw. seinen Klang. Wie das Meer klingt. Oder der Wind.
Hört mal bewusst Fernsehn und zeichnet spontan, was ihr gerade hört, wie ein seismografisches Gerät.



Buch des Abends:



- Thomas Lüchinger, Intuitiv Zeichnen - Sehen mit allen Sinnen, Zytglogge Werkbuch


Jedem zu empfehlen, der diesem ganz anderen Ansatz des Zeichnens folgen möchte, der alle Möglichkeiten der Wahrnehmung mit einbezieht und die Zeichnung aus den Mitteln entwickelt, die wir sowieso schon und aus uns heraus mitbringen. Ca. 70 Übungen von der reinen Motorik über das Blindzeichnen zur Gestalt.

Dienstag, 19. März 2013

Einheit 1 - Die Linie an sich - Mi. 13.3.13


Einheit 1 - Die Linie an sich


Zu Beginn des Abends habe ich Ihnen einen ersten Überblick über die Inhalte des gesamten Kurses gegeben und Ihnen zu erklären versucht, welchen Stellenwert meiner Meinung nach die Herangehensweisen haben, die wir von Natur aus schon mit uns bringen und die nur spielerisch zu Tage gefördert werden müssen. 

Wir bringen generell viel mehr schon mit, als uns zumeist bewusst ist. 
Zunächst geht es also darum, sich locker und unverkrampft ohne Druck an das Blatt zu wagen, ungehemmt Bewegungen zuzulassen, die das großformatige Zeichnen erfordert, die Haltung eines Stiftes zu üben, die eigene Haltung zu erkennen und Aufmerksamkeit für die eigenen Herangehensweisen zu üben. Und vor allem: Sich nicht beurteilen lernen - denn das Bewerten verhindert generell den Lernfortschritt.
Gewonnen hat vorerst die schlechteste Zeichnung!


Überblick über alle Einheiten und deren Lernziele:

Einheit 1: Motorisches Produzieren; LINIE an sich. 
Hier geht es um Ausdruck, E-Motion. Output. Einfach TUN und (innere und äussere) Bewegung zulassen! Im Kern eine Bedeutung des Wortes Emotion. Zeichnen aus dem Bauch in den Arm auf das Blatt - so simpel.
Wir gehen vom spontanen, voraussetzungslosen und ungegenständlichen Gekritzel im Viereck aus, das die Fein- und Grobmotorik des Zeichners bewusst macht aus.


Einheit 2: Sensorisches Protokollieren; Eindruck; Input:

Hier geht es um das Sehenlernen durch Blindzeichnen und "Augenreisen", die die Hand wie ein Seismograph protokolliert. 
Wir lernen, unser SEHEN sichtbar zu machen. Generell möchte ich das den Kern des Zeichnens nennen.

Die Einheiten 1 und 2 werden uns bis zum Ende des Semesters beschäftigen (Juli 2013)


Ab Oktober 2013 erkunden wir stärker die traditionellen Methoden des Zeichnens:

Einheiten 3 und 4: Intellektuelle Analyse der Erscheinungen nach bewährten Methoden und Rezepten / Das klassische Fundament.

Wir erkunden die Grundlagen des traditionellen Zeichnens, das sich messend und vergleichend die kulturell etablierten Regeln des Sichtbaren erarbeitet.

Einheit 5: Synthese, Persönlichkeit, subjektive Originalität, Kreativität.
Hier werden wir am Ende alle Elemente zusammenzuführen - was im glücklichsten Fall dann auch das (subjektiv oder objektiv) Neue vor Augen zu stellen in der Lage wäre...


"Es ist so schön, der Linie beim Entstehen zuzuschauen" (Zitat des Abends)


Im Zentrum der ersten Stunde und der nächsten Abende dieser ersten Einheit steht die LINIE an sich. Die Linie als persönlicher Ausdruck, als quasi "seismografisches", motorisches Phänomen.


Die Linie an sich entsteht aus der Bewegung (man kann auch sagen aus der Emotion, was auch der Wortsinn sagt: ex movere = hinaus gehen, aus sich gehen...).
Die Linie ist dynamisch, ein aus der Ruhe gebrachter Punkt mit mehr oder weniger klarem Ziel und in gewisser Spannung.

Die Linie macht sichtbar, was vorher unsichtbar in uns war. Sie kann uns damit überraschen.

ABER WICHTIG: Sie zeichnen zu Beginn, ohne etwas fest Umrissenes abzubilden! (Also bitte keine Symbole: keine Herzen, Bäume, Münder, Spiralen und vor allem keine starrenden Augen, die sofort die Aktion bannen! Probieren Sie es aus, einmal gesetzt, werden sie diese bedeutungsschwangeren "Magneten des Blicks" nicht mehr los und die ganze Zeichnung kreist darum...)


Sie bilden also vorerst nur die Linie selbst ab. Diese steht in Verbindung mit Ihrer Aktion, ihrer Bewegung, ihren Entscheidungen. Das zu merken und zuzulassen ist der erste und auch künftig entscheidende Schritt. Alles geschieht im Augenblick und in der Gegenwart, alles, was man sich vorgestellt hat, sieht im Tun sowieso immer anders aus. Empfindlich zu werden für diesen Dialog mit sich und dem Entstehenden und Geistesgegenwart zu schulen - das ist im Kern das Ziel dieser ersten Einheit. Ein Anfang und zugleich im Prinzip das, was uns als Zeichnende immer beschäftigen wird. Vor dem Modell, dem Gegenstand oder dem momentanen Einfall wird man immer mit leeren Händen stehen - und das ist gut so, daraus wird eine echte Zeichnung!


Dass Sie sich trotzdem immer etwas dabei denken, dass ihre Linie etwas anspielt, an etwas erinnert, ist unumgänglich - und das ist das eigentliche Geheimnis jeder Linie. Insbesondere Ihrer persönlichen Linie, die Sie zunehmend erkennen, entwickeln, mit Kenntnis und Gefühl aufladen werden. Zum Glück ist die Linie damit zugleich auch "geheimcodiert", kein Mensch kann ahnen, was man gedacht hat...meistens...

Die Linie ist an sich und sie ist immer auch noch etwas anderes...


Sie sehen und beobachten, welche Extreme eine Linie darstellen kann: von der zielenden Geraden über die wandernden Gebogenen bis zur nervös suchenden Tatterei. Die auch gut ist. "Reuelinien" heissen manche Linienarten tatsächlich. Und wie die Linie mit Ihren Stimmungen und Entscheidungen, Ihrem Atem, den Ängsten, Verkrampfungen und (Hauruck...)-Lösungen oder Ihrer Feinheit, ihrer Vorsicht, dem Kontrollbedürfnis oder der Entschiedenheit oder Unsicherheit zusammenhängt.


Auch wenn Sie später das von ihrem Innern fernliegendste Abbild eines Objektes schaffen - es wird immer Ihre Linie sein, die die Zeichnung schafft. Sie entgehen Ihr selten - eigentlich fast nie - es sei denn, man möchte zur Maschine, zum Fotoapparat werden, perfekt und kühl beherrscht...das kann man, das aber verlässt dann oft den Zeichenkunstbereich.


Zum Zeichnen gehört eine Haltung:
Es gibt keine falsche oder richtige Haltung - aber es gibt eine zweckdienliche innere und äussere Haltung. Diese werden wir je nach Aufgabe und Gegenstand miteinander erarbeiten.Ich habe Ihnen zu Beginn eine der üblichen Schreibstifthaltung entgegengesetzte Zeichenhaltung des Stiftes demonstriert und zur Nachahmung empfohlen:






Mit dieser unüblichen Haltung verlieren Sie erst einmal die gewohnte Kontrolle. Sie werden sie anfangs deshalb bestimmt auch nicht mögen und spontan in alte Gewohnheiten zurückwollen - aber geben Sie nicht zu schnell auf, erproben Sie die Möglichkeiten anderer Haltungen. Denn Sie gewinnen mit der Zeit einen ungeheuren Freiraum des Ausdrucks.
Fassen Sie den Stift unterschiedlich an, mal weit hinten, dann ganz vorne, drücken Sie fest oder lassen sie die Spitze ohne Anstrengung fein und leicht tanzen...Sie werden die vielen Ausdrucksnuancen erfahren, je öfter Sie in dieser Haltung üben.

Allgemeines zu den allabendlichen WARMUPS:


Wir werden alle diese wichtigen Vor-Einstellungen und Feinjustierungen des Körpers und Geistes, des Atmens, der Werkzeugbehandlung immer mit den sogenannten WARMUPS entwickeln. Lockerungsübungen also, wie sie der Sportler und Musiker kennt, warum nicht auch der Zeichner?


Hausaufgabe bis Juli 2013: Produzieren Sie tausende Sudelblätter voller Warmups, verbrennen Sie den Mist, behalten Sie die guten, schneiden Sie Überraschendes aus und kleben es auf ein Blatt. Sammeln Sie diese Erfahrungen.


Am Anfang bitte ich Sie die Warmups und Übungen mit nicht allzu filigranen, kultivierten Werkzeugen, sondern den groberen Fettkreiden oder Grafitblöcken zu zeichnen. Das Spitzen ist eine Kunst, die ich Ihnen erst zeigen möchte. Feine Kohlen sind schön, aber verlangen eine geübte Hand. Das kommt später.

Jedes Warmup sollte möglichst grossformatig (mindestens 60x40, je grösser, desto besser) in Körperdimension gezeichnet werden. Ich möchte am Anfang, dass Sie sich das Spielfeld durch die gezeichnete Umgrenzung eines rahmenden Vierecks bewusst machen. Es soll Ihnen im Laufe der Zeit auffallen, dass jede Spur und Linie eine kompositionelle Entscheidung ist und jedesmal das Spiel entscheidend verändert.


Thema des Abends war die Erfahrung der beiden unterschiedlichen Arten von Linien:

- Die Gerade, die an sich immer etwas zielstrebiges, trennendes und klares hat.
- Die Gebogene, die sich entweder zu sich zurück bewegt (Kreis) oder wandernd, verspielt bis ziellos umher streift.
Andere Grundlinienarten kenne ich persönlich nicht, wenn jemand noch eine andere finden sollte, her damit...


WARMUP 1: 
Die erste Übung zur Geraden diente dazu, das Spielfeld zu eröffnen und mit mehr oder weniger entschiedenen geraden Strichen zu füllen. Kreuz und quer. Bis das Blatt voll ist. Sie werden staunen, wieviele Stunden Striche so ein Blatt aushält bis es schwarz von Strichen ist... 
(Strich. Linie. Spur. Marke)

Die zweite Übung zur Geraden sollte eine erste Aufgabe an die Gerade stellen, indem sie zielgerichtet gezeichnet wird:

Hier ging es um den oft selbstentmutigenden Mythos von der Geraden, die der Anfänger immer behauptet, nie und nimmer ziehen zu können. Und Sie können es doch! Wetten?
Man muss nur wissen, wie:

Setzen Sie einen Ausgangspunkt A und einen Zielpunkt B, fassen Sie das Ziel ins Auge, setzen Sie die Stiftspitze auf A. Schauen Sie nicht auf den Stift, sondern schauen Sie auf das Ziel. Zeichnen Sie nicht zu schnell, aber auch nicht zu langsam. Ziehen Sie die Linie in der Länge eines Atemzugs! Ziehen Sie kreuz und quer aus allen Richtungen. Mal stark, mal schwach.Sie sehen: Die Gerade ist gar kein Problem.


Diese ersten Übungen sollen Ihnen zeigen, dass Sie mit der Vorgabe, von einem Ausgangspunkt A zu einem Zielpunkt B eine Gerade zu zeichnen in der Lage sind, wenn Sie das ZIEL ins Auge fassen und nicht allzu verkrampft und ängstlich auf die Ausführung der Spur unter der Stiftspitze starren. Dies gilt konkret wie mental. Sie dürfen diese Erfahrung auch auf den ganzen Kurs beziehen. Ob Sie das Ziel treffen, ist zweitrangig. So ist das Leben eben. Wo sie ankommen, hat Gründe - und ist so...Und man kann glücklicherweise immer daran arbeiten...

WARMUP 2: Die Gebogene oder Schlittschuhkür bis zum Abwinken oder "Höhere Wesen befehlen: Fläche füllen mit Pirouetten, bis sie schwarz wird"




Auch hier bitte vorher das viereckige Spielfeld markieren!


Am Ende des ersten Abends sollten Sie erlebt haben, dass die vorgestellten Linienarten unterschiedliche Wesen haben, die Sie auch zu unterschiedlichen Haltungen, Gefühlen, Ausdrucksweisen, Energien führen. Dass man dabei seine Vorlieben, Strategien und Hemmungen erlebt und einschätzen lernen kann, ist intentional. 
Die Kontrollierten können von den Losgelassenen lernen und umgekehrt...jeder lernt eben anders.
 
Die Warmups sollten künftig in der Regel ca. 20 Minuten in Anspruch nehmen. 

Mich haben sie aber auch schon Tage und Wochen über Wasser gehalten, in (scheinbar) einfallslosen Zeiten. Es kann sich daraus wie von selbst etwas entwickeln. Vergessen Sie nicht: Sie denkfühlen/fühldenken wie von selbst, unser Betriebssystem ist tief und rätselhaft und zu 90% unbekannt/unbewusst. Die Seismografik steht in Verbindung damit...Der Musiker improvisiert und erfindet Melodien aus dem Tonleitergedudel - so der Zeichner! Aus so manchem ziellosen Gekritzel entsteht plötzlich eine Bildidee... und der Zeichentag ist gerettet.
Ach so, nebenbei, üben hilft....



BüCHER DES ABENDS:


Fast schon eine Pflichtlektüre:
Felix Scheinberger, Mut zum Skizzenbuch - Zeichnen und Skizzieren unterwegs, Mainz 2009, 29,80 € (leider teuer, aber aufwändig und schön gestaltet)
Lesen! Nachmachen! Genau darum geht es.

Sowie:

Hans Daucher, Die grosse Zeichenschule, 14,95 €
Empfehle ich jedem, der sich selbst durch das gesamte Gebiet des Zeichnens (Grundlagen, Portrait, Figur, Landschaft, Stillleben) durchzeichnen möchte. Der Autor erklärt das Wesentliche, gibt aber vor allem sehr viele Beispiele, die man als Vorlage nehmen kann, um sie zu kopieren und weiterzuentwickeln. Das praktischste Buch für Autodidakten! Vor allem fängt auch er bei 0 an, oder genauer gesagt bei dem, was man immer kann.



Montag, 11. März 2013

Grundkurs Zeichnen 2013/14 - Überblick - 6.3.13


Grundkurs Zeichnen

1. Teil des Jahreskurses "Grundkurs Zeichnen"

6. März 2013 - 17.Juli 2013



4.3.13 Semesterüberblick

Auf dieser Seite werde ich parallel zum Grundkurs hier zumindest immer die Folien der vergangenen Stunden relativ zeitnah ( ;-) ich gebe mir Mühe...) veröffentlichen und bei Bedarf mit Kommentaren und weiteren Materialien (Bilder, Texte, Links, Buchempfehlungen, Anleitungen, Filmen etc.) ergänzen.

Der Abend am 6. März sollte Ihnen einen Überblick geben und Ihnen einen Vorgeschmack auf das geben, was Sie im Laufe dieses Jahreskurses erwartet. Ich würde mich freuen, wenn Ihnen das Vorgestellte Lust auf eine gewiss interessante Erfahrung gemacht hat und wir uns in den kommenden Wochen und Monaten Mittwochs ab 19 Uhr bis 21.15 Uhr im alten Postgebäude wiedersehen.

Im Folgenden die Folien des Vorstellungsabends:








Hier nun aus den vorausgegangenen Kursen ein Beispiel, das Ihnen zeigen soll, wie in etwa ein Zeichenabend aufgebaut ist:






Im Original handelt es sich um eine Filmsequenz, die Kompositionsvorschläge aus einer Bewegung heraus und den damit verbundenen Perspektivwechsel zeigte. Hier sehen Sie leider nur das Startbild - wenn es Sie neugierig gemacht hat, werden Sie die Sequenz recht bald vollständig sehen...:



Parallel zur Veranstaltung gibt es einen sog. Blog (den Sie vermutlich gerade lesen..), der die vorangegangene Einheit zusammenfasst und ggf. mit weiteren Informationen ergänzt:




Was Sie an den kommenden Abenden bis Ostern erwartet:



Was wir am Anfang brauchen (und was ich in der Regel besorge und zum Selbstkostenpreis anbiete). Sollten Sie eigene Materialien haben, müssen Sie von meinem Angebot keinen Gebrauch machen.