Themen des 20.3.2013
- Buch des Abends: Lüchinger - Intuitiv Zeichnen
- Kurze Wiederholung: Skribbeln, Sudeln, die Haltung des Zeichenstifts - was hat das mit richtigem Zeichnen zu tun?
- Vom motorischen Zeichnen (Action drawing) zur Vorstellungskraft
- Warm-Ups :
1) Übergang vom Hellen, fast leer werdenden Blatt bis hin zu schwarzen, dichten Spuren - Beispiel aus Daucher
2)"Wilde Gewächse" ("Wachsen" als ideomotorische Figur oder Geste)
- Zeichnen nach Musik (legato, staccato, laut, leis, schnell, langsam)
- Buch des Abends: Lüchinger - Intuitiv Zeichnen
- Kurze Wiederholung: Skribbeln, Sudeln, die Haltung des Zeichenstifts - was hat das mit richtigem Zeichnen zu tun?
- Vom motorischen Zeichnen (Action drawing) zur Vorstellungskraft
- Warm-Ups :
1) Übergang vom Hellen, fast leer werdenden Blatt bis hin zu schwarzen, dichten Spuren - Beispiel aus Daucher
2)"Wilde Gewächse" ("Wachsen" als ideomotorische Figur oder Geste)
- Zeichnen nach Musik (legato, staccato, laut, leis, schnell, langsam)
Ausführlicher:
Linienqualität
Nachdem wir vergangenen Mittwoch relativ spontan und unbefangen erste Warmups zeichneten, die uns eine Begegnung mit unserem jeweils persönlichen Strich brachten, kreiste die zweite Stunde um die Untersuchung unseres Ausdrucks.
Der in der Welt der Zeichnung gebräuchliche Begriff für die mit der Persönlichkeit des Zeichners verbundene Qualität der Linie ist DUKTUS.
Ein Vergleich mit unserer tief sitzenden Gewöhnung an einen ausgeglichenen und geradezu gleichförmigen Schreib-duktus führte klar vor, dass diese für die Sprachkommunikation sinnvolle Haltung geradezu ein Hindernis beim Zeichnen darstellt.
Also ist nicht nur die Schreibhaltung des Werkzeugs, sondern auch die überaus kontrollierte und gleichförmige Art und Weise der Linienproduktion für das Zeichnen ungeeignet.
Es gibt in der Zeichenkunst überraschenderweise keine verbindliche Sprache über die Linienqualität. Der von Zeichenlehrern oft geäußerte Hinweis, beim Zeichnen doch bitte die Linienstärken und den damit verbundenen Druck der Hand bzw. des Instruments zu variieren, macht den Anfänger oft ratlos: Worin sollen denn diese Unterschiede im Strich begründet sein? Wann und warum soll man das denn tun? Ist das nicht oft beliebig und dem Augenblick, dem Zufall, der Stimmung unterworfen? Oder gibt es dafür Regeln?
Berechtigte Fragen, die sich im Prinzip nur der Zeichnende selbst beantworten kann. Da es wie gesagt für die Zeichner keine verbindliche Sprache dafür gibt, machte ich den Versuch, einen Übertrag aus der Musik zu wagen. In der notierten Musik gibt es für den Interpreten Hinweise auf die Ausführung und den Ausdruck der jeweiligen Passage eines Musikstückes. In der musikalischen Ausführung ist hier der Kern der künstlerischen Interpretation, denn die Anweisungen lassen immer Spielraum der Deutung.
Ähnliches könnte man nun auf die gezeichnete Linie übertragen:
Stellt euch vor, der Zeichenstift sei ein Instrument, die ausgeführte Spur der Ton.
Der Ausdruck einer Spur, eines Tones wäre dann aus den folgenden Elementen gebildet:
1) ARTIKULATION = Art der Ausführung, die Art des Ansatzes:
Von STACCATO (abgehackt, unverbunden, abgesetzt) <----> bis LEGATO (fliessend)
2) TEMPO = Geschwindigkeit der Ausführung:
Von LARGHISSIMO (sehr breit, behäbig) <----> bis PRESTISSIMO (sehr schnell)
3) DYNAMIK = Stärke oder Kraft der Ausführung:
Von piano pianissimo (ppp, sehr zart) <----> bis forte fortissimo (fff, sehr kräftig)
Spielt bitte in künftigen Warmups einfach alle Möglichkeiten und Kombinationen der Strichbildung durch, zum Beispiel:
- Sehr schnell ausgeführte, abgehackte, aber zart gesetzte Striche - und umgekehrt.
- Lang fliessende, ruhig ausgeführte kräftige Spuren - und umgekehrt.
- Sehr kräftige, behäbig aber abgehackt gesetzte Spuren - und umgekehrt.
Zwischen den genannten Extrempolen liegen viele Nuancen des Ausdrucks. Es sind unerschöpflich viele Kombinationen der genannten Elemente möglich.
Ziel der Übung insgesamt:
Euch soll zunehmend auffallen, dass ihr mit einem einzigen Werkzeug wie z.B. dem Grafitstift viele Möglichkeiten des Ausdrucks habt. Je bewusster man diese Elemente der Spurbildung einsetzt, desto lebendiger und individueller werden eure Zeichnungen, gleichgültig, ob man nun abstrakt oder gegenständlich arbeitet.
Achtet einmal ganz bewusst beim Betrachten von Arbeiten anderer Zeichner, wie diese ihren Strich setzen:
Van Goghs geschwind und dynamisch gesetzte Rohrfederspuren, Daumiers lebendig-nervös und flirrend unbestimmt gesetzte Reuelinien, Ingres zuweilen bestimmt und klar geführte Grenzlinien, Klimts zärtlich fliessende Linie. Ignoriert dabei einmal, WAS gezeichnet wird, sondern beobachtet nur das WIE.
Allgemeines zu den WARMUPS:
Ich beobachte, dass ihr euch alle sehr grosse Mühe gebt, kunstgemäss zu arbeiten, was bei den Übungen grossartig ist. Bei den Warmups aber lege ich grossen Wert darauf, dass ihr diese so locker wie möglich machen könnt und frei und ungezwungen, ohne gestalterische Auflage, einfach drauflos zeichnet. Ja, OK, bis auf den Kompositionsrahmen, auf den lege ich immer Wert...
Vermeidet also beim Warmzeichnen alles, was euch hemmen will oder lange überlegen lässt. Das Warmup ist nicht das Endspiel. Die nachfolgenden Übungen sind nur "Freundschaftsspiele", hierbei gibt es nichts zu perfektionieren ;-)....
2 Warmups des Abends:
Zur Einstimmung haben wir 2 grossformatige "Sudeleien" gezeichnet, in der ihr die Aufgaben hattet:
- Vom Hellen ausgehend mit allen Arten von Strichen, Bögen, Geraden, Krummen ins Dunkle zu zeichnen, sodass sich am Ende alles wirklich rabenschwarz an einem Rand ballt. Beispiel in Daucher.
- Eine Interpretation des "Wildwuchses", in der sich Linien wie Pflanzen vom dicht gepackten Grund ins Helle strecken, mal direkt, mal auf Umwegen, mal kräftig, mal zart, mal gebrochen, krakelig usw.
Auf keinen Fall sollten diese Liniengebilde an wirkliche Pflanzen, Blätter, Stämme erinnern, alles sollte nur aus der reinen Linie und ihrem Ausdruck (Druck steckt da schon im Wort, so nebenbei...) entstehen.
Übungen des Abends:
Zur Einstimmung haben wir 2 grossformatige "Sudeleien" gezeichnet, in der ihr die Aufgaben hattet:
- Vom Hellen ausgehend mit allen Arten von Strichen, Bögen, Geraden, Krummen ins Dunkle zu zeichnen, sodass sich am Ende alles wirklich rabenschwarz an einem Rand ballt. Beispiel in Daucher.
- Eine Interpretation des "Wildwuchses", in der sich Linien wie Pflanzen vom dicht gepackten Grund ins Helle strecken, mal direkt, mal auf Umwegen, mal kräftig, mal zart, mal gebrochen, krakelig usw.
Auf keinen Fall sollten diese Liniengebilde an wirkliche Pflanzen, Blätter, Stämme erinnern, alles sollte nur aus der reinen Linie und ihrem Ausdruck (Druck steckt da schon im Wort, so nebenbei...) entstehen.
Übungen des Abends:
Wir haben die folgenden Übungen am Abend mit Hilfe einfacher, minimalistischer Musikstücke und ohne jede theoretische Voreinstellung gemacht. Die Erklärung folgt hier im Text und nach Ostern, wenn noch Unklarheiten da sein sollten.
Wenn ihr das Folgende zu Hause üben wollt, legt euch bitte entsprechende Musik dazu auf, notfalls aber kann man Musik auch nur denken.
Wenn ihr das Folgende zu Hause üben wollt, legt euch bitte entsprechende Musik dazu auf, notfalls aber kann man Musik auch nur denken.
1) STACCATO
Zeichnet auf dem abgegrenzten, viereckigen Spielfeld eines möglichst grossen Blattes alle möglichen abgehackten, abgesetzten Spuren, mal zart, mal kräftig. Immer wieder an- und absetzend, sodass euch ein gewisser Puls oder Rhythmus auffällt, auch in Bewegungen, die euch eigentlich gar nicht liegen.
Wechselt das Tempo, die Kraft, auch die Richtung und Grösse der Spur darf sich ändern. Denkt an ein staccato vorgetragenes Musikstück und zeichnet direkt, was ihr hört. Oder legt euch zu Hause Musik auf und zeichnet dazu, auch mit geschlossenen Augen. Singt oder summt euer Bild.
2) LEGATO
Die gleiche Spielanordnung wie oben, dieses Mal allerdings mit fliessenden Spuren.
3) Staccato und Legato
Übung des Abends: Staccato, legato, laut und leise, schnell und langsam
Leider vergass ich in meiner Begeisterung über die tollen Ergebnisse, Fotos von euren Arbeiten zu machen. Ich habe hier Beispiele aus vorangegangenen Kursen eingesetzt, die ich gerne durch eure ersetzen will. Wenn ihr also eine Möglichkeit habt, eure Ergebnisse zu fotografieren oder zu scannen, bitte schickt mir die Fotos an folgende mailadresse:
Hausaufgabe:
Zeichnet weiterhin alle Möglichkeiten des Ausdrucks zwischen Staccato und Legato, so zart und kräftig wie möglich, mal schnell, mal bedächtig.
Zeichnet auch einmal mit geschlossenen Augen zu eurem Lieblingsstück, experimentiert mit fremden Musikstücken in unterschiedlichen Tempi und anderem Ausdruck.
Schaut, welche Palette an Spuren ein einziges Werkzeug hergibt, indem ihr den Stift in allen erdenklichen Haltungen und mit unterschiedlichem Druck verwendet.
Ruhig auch öfter mal ein ganz systematisches Blatt, auf dem ihr nebeneinander gestellt festhaltet, was ihr entdeckt habt:
Für diejenigen, die Musik nicht mögen (gibt es das??) , lassen sich alle Übungen auch auf Geräusche und Klänge des Alltags übertragen:
Zeichnet eine belebte Strasse - nur den Höreindruck allerdings, nicht die konkreten Dinge!
Oder stellt euch einen Wald vor bzw. seinen Klang. Wie das Meer klingt. Oder der Wind.
Hört mal bewusst Fernsehn und zeichnet spontan, was ihr gerade hört, wie ein seismografisches Gerät.
Buch des Abends:
- Thomas Lüchinger, Intuitiv Zeichnen - Sehen mit allen Sinnen, Zytglogge Werkbuch
Jedem zu empfehlen, der diesem ganz anderen Ansatz des Zeichnens folgen möchte, der alle Möglichkeiten der Wahrnehmung mit einbezieht und die Zeichnung aus den Mitteln entwickelt, die wir sowieso schon und aus uns heraus mitbringen. Ca. 70 Übungen von der reinen Motorik über das Blindzeichnen zur Gestalt.